
Objekt des Monats – September 2025
Deutsche Waffe, zeeländische Geschichte
Auf den ersten Blick scheint dies eine gewöhnliche deutsche Dienstpistole aus dem Zweiten Weltkrieg zu sein: eine Walther P38, gefertigt aus Stahl mit einem Griff aus dunklem Bakelit und einem Magazin für 9-mm-Parabellum-Patronen. Das Design stammt aus dem Jahr 1938 und ersetzte nach und nach die bekannte Luger P08. Die P38 galt als robust, zuverlässig und effizient und war weit verbreitet unter deutschen Soldaten. Doch dieses spezielle Exemplar erzählt eine ganz andere Geschichte – eine Geschichte von Widerstand, Mut und einer riskanten Begegnung an den Ufern der Westerschelde.
Ko Veerhoek: Widerstandskämpfer und Dorfsheld
Die Pistole gehörte Jacobus („Ko“) Veerhoek aus Hansweert, geboren im Jahr 1920. Während der deutschen Besatzung engagierte er sich aktiv im Widerstand in Süd-Beveland. Ko führte mehrere lebensgefährliche Aktionen durch, darunter das Unschädlichmachen von Sprengladungen unter der Vlake-Brücke und das Entfernen einer scharfen Granate vom Kirchturm der reformierten Kirche in Schore. Seine bemerkenswerteste Tat war die Rettung eines alliierten Piloten, der im September 1944 mit seinem Fallschirm im Schorrengebiet bei Waarde gelandet war.


Eine Begegnung unter feindlichem Feuer
Am 9. September 1944 arbeitete Ko in seiner Obstplantage, als er sah, wie ein alliiertes Flugzeug über der Westerschelde Feuer fing. Der Pilot, Geale William Hewson aus Kanada, sprang aus dem Flugzeug und landete im Schlick nahe der Küste. Ko zögerte nicht, zog seine Stiefel an und machte sich allein auf den Weg, um den Mann zu retten. Während deutsche Soldaten sich den beiden näherten und sogar Schüsse abgaben, zerstörte der Pilot seine Papiere und warf seine Pistole – diese Walther P38 – weg. Ko versteckte die Waffe unter seiner Jacke und konnte so eine Festnahme verhindern.
Vom Kriegsaugenblick zur musealen Erinnerung
Ko bewahrte die Pistole sein Leben lang als stille Erinnerung an diese gefährliche Begegnung. Lange Zeit ging er davon aus, dass die Waffe dem Kanadier gehört hatte, doch es handelte sich um ein deutsches Exemplar – vermutlich genau der Grund, warum der Pilot sie so schnell loswerden wollte. Mit einer feindlichen Waffe gefasst zu werden, hätte schließlich tödliche Konsequenzen haben können. Nach Ko’s Tod im Jahr 2005 übergab seine Frau, Catharina Veerhoek-Stevense, die Pistole dem Bevrijdingsmuseum Zeeland. Nicht als Trophäe, sondern als greifbares Symbol für Mut, Menschlichkeit und den Widerstand in Zeeland.
