
Augenzeugenbericht: Clasien Schreurs
Als der Krieg begann, war Clasien Schreurs fast sechs Jahre alt. Ihre Familie war kurz zuvor von Rotterdam nach Vlissingen gezogen, wo ihr Vater als Metallschlosser bei der Schelde-Werft arbeitete. Sie wohnten in der Callenfelsstraat, in einem der Häuser, die als „Taubenschlag“ bekannt waren, nahe der Werft. Die Familie erlebte zahllose Bombardierungen und lernte schnell, dass nichts wirklich sicher war. Bei jedem Luftalarm flüchteten sie auf den Dachboden, in der Überzeugung, dort besser vor einstürzenden Trümmern geschützt zu sein. „Mein Vater stand dann am Dachbodenfenster und schaute den überfliegenden Flugzeugen zu. Seine Beine zitterten unaufhörlich, das werde ich nie vergessen.“
Eines Tages, während des Schwimmunterrichts in Souburg, sahen Clasien und ihre Mutter eine große Rauchwolke über Vlissingen. Ein Cousin brachte die Nachricht, dass eines der Häuser des „Taubenschlags“ getroffen worden war. Zum Glück war es nicht ihr eigenes Haus, aber im betroffenen Haus gab es sechs Tote.
Das Leben geht weiter, trotz allem
Obwohl der Krieg immer in der Nähe war, versuchte Clasien als Kind, ihr Leben fortzusetzen. Sie spielte draußen und erinnert sich an einen Besuch beim Metzger, während über ihr Luftkämpfe tobten. Die Stadt wimmelte von deutschen Soldaten, und Clasien und ihre Altersgenossen fanden das Geräusch ihrer Stiefel beeindruckend. Sie befestigten kleine Metallstücke unter ihren eigenen Schuhen, um das Geräusch nachzuahmen.


Kampf und Narben
Im Oktober 1944 veränderte sich der Krieg in Vlissingen drastisch. Clasien sah, wie alliierte Flugzeuge die Deiche bombardierten. „Der Himmel war einfach schwarz vor Flugzeugen.“ Einen Monat später, am 1. November, landeten alliierte Truppen am Strand. Von ihrem Haus aus beobachtete die Familie, wie die Granaten einschlugen. „Man denkt, man ist in seinem eigenen Haus sicher, aber das ist man nicht,“ erzählt sie.
Während der Kämpfe musste die Familie zum Büro der Schelde flüchten, was den Beginn eines angstvollen Weges durch die Stadt markierte. Beim alten Postamt sah Clasien einen Platz voller toter deutscher Soldaten, ein Bild, das ihr für immer im Gedächtnis blieb. Schließlich fanden sie für drei Tage Unterschlupf im alten Arsenal, wo sogar der Versuch, Lebensmittel zu holen, tödlich endete. „Seine Frau, ich höre sie noch,“ erinnert sich Clasien emotional.
Nach dem Krieg war Clasien körperlich erschöpft und wog nur noch 27 Kilo. Sie wurde in die Schweiz geschickt, um sich zu erholen, doch der Krieg hinterließ tiefe Narben. Jahrzehnte später brachten Flugzeuge während der Hafentage in Rotterdam alle Erinnerungen zurück. „Ich glaube, ich habe doch ein unverarbeitetes Trauma,“ erzählt Clasien. Noch heute bewegt sie ihre Geschichte tief.
Clasien Schreurs
Sehen Sie sich hier die Geschichte von Clasien Schreurs an, einem Mädchen aus Vlissingen, das in der Schusslinie des Zweiten Weltkriegs aufwuchs. Während die Stadt unter Bombardierungen und Kämpfen litt, versuchte Clasien, ihre Kindheit inmitten der Gefahr zu bewahren. Ihre Erinnerungen an Angst, Mut und Überleben geben einen eindringlichen Einblick, wie der Krieg ein Leben dauerhaft prägen kann.